Internationale Wochenaufenthalter im Verhältnis Deutschland-Schweiz: einfach erklärt

Liebe Bürgerinnen und Bürger,

Steuern sind ein wichtiges Thema, insbesondere wenn Menschen in mehreren Ländern leben oder arbeiten. Deshalb möchte ich die folgenden Besonderheiten erklären, die für Schweizer Wochenaufenthalter in Deutschland oder für Deutsche Wochenaufenthalter in der Schweiz relevant sind.

1. Begriff - internationale Wochenaufenthalter

Der Begriff „internationaler Wochenaufenthalter“ existiert im steuerlichen Sinne nicht, sondern stammt aus dem Freizügigkeitsabkommen zwischen der Schweiz und der EU. Steuerlich wird diese Personengruppe als „unechte Grenzgänger“ bezeichnet. Aufgrund der komplexen Rechtslage ist eine genaue Prüfung durch Steuerexperten oder durch Steuerbehörden essenziell.

2. Voraussetzungen für den Status als internationaler Wochenaufenthalter

Um als internationaler Wochenaufenthalter zu gelten, müssen folgende Bedingungen erfüllt sein:

  • Anstellung: Tätigkeit als unselbstständig erwerbstätige Mitarbeiter / in in einem vom Wohnsitzland abweichenden  Land
  • Hauptwohnsitz bleibt im Herkunftsland
  • Übernachtungsmöglichkeit im ausländischen Tätigkeitsstaat: i.d.R. Aufenthalt unter der Woche 
  • Regelmässige Rückkehr aus dem ausländischen Tätigkeitsstaat: Mindestens alle zwei Wochen nach Hause

3. Relevanz des Aufenthaltsstatus in der Schweiz für Wochenaufenthalter aus EU

Die Art der Aufenthaltsbewilligung hat für steuerliche Beurteilung erhebliche Auswirkungen.

  • Primär migrations- und aufenthaltsrechtlich relevant
  • Arbeits-, Krankenkasse und sozialversicherungsrechtliche Konsequenzen
  • Steuerliche Beurteilung nicht einheitlich geregelt → hohes Potenzial für Doppelbesteuerung, sofern die Besteuerung im Voraus mit Behörden nicht abgestimmt wird
  • Bewilligungen (z.B. Ausweis G, B, C in der Schweiz) haben steuerliche Indizwirkung

4. Steuerliche Behandlung in der Schweiz der Wochenaufenthalter aus Deutschland

  • Grundsatz: Besteuerung am Wohnsitz
  • Wochenaufenthalter in der Schweiz mit G-Bewilligung → nur beschränkte Steuerpflicht
  • Quellensteuerpflicht:
    • Erhebung durch den Arbeitgeber
    • Unterschiede zwischen Kantonen (z. B. Schwyz vs. Zürich)
  • Zusätzliche Abzüge  und Abgabe der Steuererklärung möglich, wenn mind. 90 % des Einkommens aus der Schweiz stammt.

5. Missverständnisse, die zu Doppelbesteuerung führen

Leider kommt es in der Realität oft zu Missverständnissen zwischen den verschiedenen involvierten Parteien, da die steuer-, zivil- und sozialversicherungsrechtlichen Definitionen von internationalen Wochenaufenthaltern und Grenzgängern nicht identisch sind.

 

In der Theorie verhält es sich so, dass Personen, die steuerrechtlich als internationale Wochenaufenthalter (oder unechte Grenzgänger) gelten und dementsprechend dem ordentlichen Quellensteuertarif unterstehen, zivilrechtlich eine Grenzgänger Bewilligung (Ausweis G, EU/EFTA) beantragen oder besitzen sollten. Es ist darauf zu achten, dass im Gesuch klar deklariert wird, dass der Lebensmittelpunkt am ausländischen Wohnort verbleibt und es sich um einen internationalen Wochenaufenthalter handelt. Einige Kantone haben diesbezüglich Zusatzformulare erschaffen oder bestehende Formulare ergänzt. Weiter können in der Praxis aber auch Konstellationen entstehen, in denen Personen zivilrechtlich im Besitz einer Aufenthaltsbewilligung (Ausweis B, EU/EFTA), einer Niederlassungsbewilligung (Ausweis C, EU/EFTA) oder gar im Besitz der Schweizer Staatsbürgerschaft sind, steuerrechtlich aber als internationale Wochenaufenthalter gelten. Es ist ersichtlich, dass es sich in diesem Fall nicht um einen klassischen Grenzgänger handelt, da sich der Lebensmittelpunkt der Person ausserhalb des Grenzgebiets (Deutschland – Schweiz) befindet. In der Praxis wird in solchen Fällen fälschlicherweise oft eine Aufenthaltsbewilligung (Ausweis B, EU/EFTA) beantragt.

 

Beträgt die Entfernung zwischen Wohn- und Arbeitsort (die einfache Wegstrecke) über 100 Kilometer wäre eine tägliche Heimkehr ggf. nicht zumutbar. Ist jedoch keiner der Grenzwerte erreicht und somit eine tägliche Rückkehr zumutbar, muss zivilrechtlich ebenfalls eine Grenzgänger Bewilligung (Ausweis G, EU/EFTA) ausgestellt werden.

 

Eine Bedingung für die steuerrechtliche Anerkennung als echter Grenzgänger ist das Vorhandensein einer deutschen Ansässigkeitsbescheinigung, die vom deutschen Finanzamt ausgestellt wird. Wird sie zum ersten Mal ausgestellt, wird diese Bescheinigung als «Formular Gre-1» bezeichnet. Bei Verlängerung trägt sie die Bezeichnung «Formular Gre-2». Beide Formulare haben eine Gültigkeitsdauer von einem Jahr und müssen bei einem Arbeitgeberwechsel erneut beantragt werden. Echten Grenzgängern werden maximal 4.5% des Bruttolohns als Quellensteuer in der Schweiz einbehalten.

 

Um in einer solchen Situation eine volle Besteuerung des Erwerbseinkommens in der Schweiz mit dem ordentlichen Quellensteuertarif zu erreichen und somit steuerrechtlich als unechter Grenzgänger zu gelten, können sich Mitarbeitende durch ihren Arbeitgeber (Formular Gre-3) bestätigen lassen, dass sie während eines Kalenderjahrs bei einer Vollzeitanstellung an mehr als 60 Tagen nicht nach Deutschland an ihren Lebensmittelpunkt zurückgekehrt sind. Das Formular muss nach Ablauf des betreffenden Kalenderjahrs bis spätestens Ende März des Folgejahres eingereicht werden.

6. Situation aus deutscher Sicht für Schweizer Aufenthalter in Deutschland

6.1 Relevanz des Aufenthaltsstatus in Deutschland für Wochenaufenthalter aus der Schweiz

Deutschland und die Schweiz pflegen eine enge Partnerschaft. Daher gibt es für Schweizerinnen und Schweizer besondere Regeln, wenn sie nach Deutschland kommen und hier leben oder arbeiten möchten.

6.2 Einreise und Arbeiten in Deutschland

Schweizerinnen und Schweizer können ohne Visum und ohne Arbeitserlaubnis nach Deutschland einreisen und in Deutschland arbeiten. Dafür sorgt das Freizügigkeitsabkommen zwischen unseren Ländern.

6.3 Aufenthalt über 90 Tage

Wer länger als drei Monate in Deutschland bleiben möchte, können sich bei der zuständigen Ausländerbehörde seines Wohnorts melden und eine deklaratorische Aufenthaltserlaubnis beantragen. Das bedeutet: Die Erlaubnis, die im Wesentlichen für Behördenvorgänge benötigt wird, bestätigt lediglich das bestehende Aufenthaltsrecht – es ändert sich also nichts an den Rechten der Schweizer Bürgerinnen und Bürger.

6.4 Dokumente für den Aufenthalt

Da die Schweiz nicht zur EU gehört, gibt es für Schweizer Bürger eine Besonderheit:

  • Sie müssen ihren Aufenthalt nicht anzeigen, aber
  • Es kann im Alltag praktisch sein, einen Nachweis über das Aufenthaltsrecht zu haben (z. B. für den Arbeitgeber, Vermieter oder Behörden).

Wer möchte, kann deshalb bei der Ausländerbehörde eine Aufenthaltskarte beantragen. Diese Karte bestätigt das Aufenthaltsrecht und kann auch für digitale Behördengänge genutzt werden. Die Kosten dafür entsprechen denen eines deutschen Personalausweises.

6.5 Wann wird in Deutschland zusätzlich besteuert?

Deutschland hat mit der Schweiz ein Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) abgeschlossen, um zu regeln, welches Land Steuern erheben darf. Dabei gibt es eine spezielle Regel:

  • Wer in Deutschland eine Wohnung hat (zum Beispiel ein geerbtes Haus) und die Schlüsselgewalt darüber besitzt, wird unter bestimmten Bedingungen i.d.R: als in Deutschland steuerpflichtig gelten – auch wenn er oder sie eigentlich in der Schweiz lebt.
  • Wer mehr als sechs Monate im Jahr in Deutschland verbringt, gilt grundsätzlich als in Deutschland steuerpflichtig, auch wenn der Hauptwohnsitz in der Schweiz ist.

6.6 Was kann nicht mehr argumentiert werden?

Früher konnte man sich auf den Standpunkt stellen, dass eine Wohnung in Deutschland nur für Erholung, Studium oder Sport genutzt wird – dann wurde keine zusätzliche Steuer fällig. ABER inzwischen reicht die sog. "Schlüsselgewalt" und vor allem wenn die Wohnung beruflich oder wirtschaftlich genutzt wird, gilt diese Ausnahme nicht mehr.

6.7 Was wird in Deutschland noch zusätzlich besteuert?

Besonders ärgerlich wird diese Regelung bei bestimmten Einkünften, die im Fall des Hauptwohnsitzes in der Schweiz eigentlich nur in der Schweiz besteuert werden sollten, wie z. B.  Kapitalerträge (z. B. Kurs- und Gewinne aus Aktienverkäufen).

Fazit betr. Deutschland

Wer in Deutschland eine Wohnung besitzt und sie für berufliche Zwecke nutzt oder mehr als 50 Tage pro Jahr laut. aktueller Rechtssprechung dortbleibt, wird i.d.R. in Deutschland steuerpflichtig werden – selbst wenn der Hauptwohnsitz in der Schweiz ist. 

Ich weiß, dass Steuern oft kompliziert sind, aber unser Ziel ist es, klare und faire Regeln zu schaffen. Wenn ihr betroffen seid, lohnt es sich, steuerliche Beratung einzuholen.

7. Steuerliche Abgrenzung nach dem DBA Deutschland-Schweiz

7.1 Allgemeine Grundsätze nach Art. 15 DBA-Schweiz-Deutschland

  • Einkünfte aus unselbstständiger Arbeit werden grundsätzlich im Tätigkeitsstaat besteuert (Erwerbsortprinzip).
  • Ausnahmen: Grenzgänger, Entsandten

7.2 Behandlung als Grenzgänger nach Art. 15a DBA-Schweiz-Deutschland

Wer ist ein Grenzgänger?

  • Er arbeitet im ausländischen Staat, lebt in einem anderen Land und kehrt regelmässig (i.d.R. täglich) aus dem ausländischen Tätigkeitsstaat zurück.
  • Keine Grenzgänger Eigenschaft, wenn mehr als 60 Arbeitstage pro Jahr ohne Rückkehr.

Steuerliche Konsequenzen:

  • Besteuerung des Einkommens grundsätzlich im Wohnsitzstaat
  • Der Tätigkeitsstaat darf maximal 4,5 % Quellensteuer erheben → wird im Wohnsitzstaat angerechnet
  • Grenzgängerstatus kann trotz Bewilligung als Wochenaufenthalter bestehen. Die Entscheidung liegt bei Steuerbehörden.

7.3 Sonderregelungen für leitende Angestellte (Art. 15 Abs. 4 DBA-Schweiz-Deutschland)

  • Leitende Angestellte (z. B. Geschäftsführer, Direktoren) werden i.d.R. am Sitz der Kapitalgesellschaft besteuert, sofern sie keine Grenzgänger sind.
  • Homeoffice-Tage beeinflussen nach aktueller Rechtslage bei diesem Personenkreis die Besteuerung nicht.

7.4 Besteuerung von Beschäftigten im öffentlichen Dienst (Art. 19 DBA-Schweiz-Deutschland)

  • Grundsatz: Besteuerung im Kassenstaat (z. B. Schweiz für Schweizer Hochschulprofessoren, Deutschland für deutsche Beamte)
  • Ausnahme: Grenzgänger→ Besteuerung im Wohnsitzstaat, sofern nicht der Staatsangehörige des Tätigkeitsunternehmens, in dem die öffentliche Institution liegt.
  • Änderungen beschlossen, noch nicht in Kraft.

Neuregelung der Besteuerung öffentlicher Vergütungen gemäß Art. 19 DBA D-CH

1. Konkretisierungen und Anpassungen

 

  • Die Neuregelung betrifft u.a. auch Vergütungen aus dem öffentlichen Dienst gemäß Art. 19 DBA D-CH.
  • Änderungen betreffen insbesondere die Besteuerung von Vergütungen (ohne Ruhegehälter), die für eine Tätigkeit in einem Vertragsstaat gezahlt werden.

2. Besteuerungsrecht für öffentliche Vergütungen

  • Es ist geplant, dass öffentliche Vergütungen (ohne Ruhegehälter)  künftig ausschließlich in dem Vertragsstaat besteuert, in dem die Tätigkeit ausgeübt wird. Aktuell ist das Besteuerungsrecht von der Staatsangehörigkeit abhängig.

3. Abgrenzung zwischen öffentlichem Dienst und unternehmerischer Tätigkeit

  • Weitere Klarstellungen im Protokoll erleichtern die steuerliche Unterscheidung zwischen öffentlichem Dienst und unternehmerischer Tätigkeit öffentlicher Arbeitgeber.

8. Steuerliche Behandlung bei Homeoffice in Deutschland (Stand 2024, Änderungen sind geplant)

Die richtige Einordnung ist entscheidend, um Doppelbesteuerung oder Steuerstrafverfahren zu vermeiden.

Wochenaufenthalter (Art. 15 Abs. 1 DBA-Schweiz-Deutschland):

  • Homeoffice-Tage unterliegen in Deutschland der deutschen Besteuerung.
  • Schweizer Quellensteuer kann korrigiert werden.

Grenzgänger (Art. 15a DBA-Schweiz-Deutschland):

  • Homeoffice-Tage zählen nicht als Nichtrückkehrtage.
  • Steuerpflicht in Deutschland, Schweiz erhebt max. 4,5 % Quellensteuer.

Leitende Angestellte (Art. 15 Abs. 4 DBA-Schweiz-Deutschland):

  • Homeoffice-Tage irrelevant → Besteuerung am Sitz der Gesellschaft.

9. Empfehlung

Die Einordnung als internationaler Wochenaufenthalter oder Grenzgänger hat erhebliche steuerliche Konsequenzen. Eine detaillierte Analyse der individuellen Situation ist unerlässlich, um Steueroptimierungsmöglichkeiten zu nutzen und Doppelbesteuerung zu vermeiden.